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Die Geothermie kann einen wesentlichen Beitrag zur geplanten Wärmewende und CO2-Reduzierung leisten und erlangt gerade jetzt an Bedeutung, wo die Abhängigkeit von den Lieferimporten fossiler Brennstoffe zunehmend wahrgenommen und deren ökologische und ökonomische Auswirkungen immer stärker erkennbar werden. Das Prinzip der Geothermie ist seit langem bekannt und einfach erklärt: Die im Untergrund vorherrschende Wärme im Grundwasser oder Gesteins-Porenwasser wird an die Erdoberfläche befördert und über Wärmetauscher zur Beheizung oder – je nach Leistungsausbeute – auch zur Stromerzeugung genutzt. Dabei differenziert man - je nach Tiefe - zwischen drei geothermischen Nutzungsarten:
 

  Oberflächennahe Geothermie (bis 400 m Tiefe)

  Mitteltiefe Geothermie (400 bis maximal 2.000 m Tiefe)

  Tiefe Geothermie (bis zurzeit ca. 6.400 m Tiefe)
 


Während sich die oberflächennahen geothermischen Anlagen in den letzten 20 Jahren etabliert haben und für Wohn- und Bürogebäude eine sichere Beheizung und Kühlung liefern, beschränken sich der Bau und Betrieb von mitteltiefen und Tiefengeothermie-Anlagen in Deutschland auf nur einige wenige Standorte. Hierzu zählen z. B. die ersten Anlagen in Mecklenburg-Vorpommern, die in den achtziger Jahren in der ehemaligen DDR entwickelt und betrieben wurden, um sich von Brennstoff-Importen unabhängiger zu machen (Anlagen in Neustadt-Glewe und in Waren/Müritz). Auch in Niedersachsen und Bayern laufen eine Reihe von tiefen geothermischen Anlagen sowie Forschungsprojekten, um Erkundungsmaßnahmen weiterzuentwickeln sowie Eigenschaften und Leistungsdaten von Gesteinsformationen im tieferen Untergrund ermitteln zu können.

Hierbei zeigte sich, dass bereits die Ermittlung und Interpretation geophysikalischer Daten in größeren Tiefen eine besondere Herausforderung darstellt, um Gesteinsformationen sicher zu identifizieren und deren Schichtmächtigkeiten gegeneinander abzugrenzen. Aber auch bei sicherer Erkenntnis bekannte Formationen und Speichergesteine mit entsprechenden Mächtigkeiten in bestimmten Tiefenlagen anzutreffen, ist dies noch kein Garant für ein vorhandenes, geothermisches Potential. Auch wenn einzelne Gesteinshorizonte große Mächtigkeiten und hohe Temperaturen aufweisen, können diese durch den jeweiligen Kornaufbau und die Mineral-Zusammensetzung das Förder- und Speicherverhalten beeinträchtigen. So konnten beispielsweise in Hamburg bei einer Forschungsbohrung in Hamburg-Allermöhe zwar ein ca. 70 m mächtiger Sandstein-Horizont mit relativ hohen Temperaturen von 120 °C im Porenwasser ermittelt werden, aber die Pumpversuche zeigten nur geringe Fließ- und Förderraten, die eine geothermische Nutzung des Sandstein-Horizontes stark einschränken. Im Auftrag der Umweltbehörde Hamburg sind von Dr. Baermann & Partner dazu umfangreiche Untersuchungen zur Ursachenklärung durchgeführt worden (siehe Berichte und Veröffentlichungen: [U1], [U2] und [U3]).Dabei wurden nicht nur neue Untersuchungsmethoden wie z. B. Computertomographie und Kernspinresonanz für die Bohrkernuntersuchungen entwickelt, sondern auch Verfahren konzipiert und kombiniert, um Lösungsstrukturen zu erkennen und nachzuweisen, wie sich der Porenraum vergrößert und damit auch die Durchlässigkeitseigenschaften verbessern.

In der ursprünglich mit über 3.000 Meter angesetzten geothermischen Bohrung in Hamburg-Wilhelmsburg konnte in ca. 1.300 Metern Tiefe Thermalwasser mit einer Temperatur von 48 °C erbohrt werden. Aus den Ergebnissen der Fördertests ergibt sich eine Heizleistung von 6 Megawatt, mit der die Versorgung von bis zu 6.000 Haushalten möglich sein wird (Stand 2023, [U9]).

Noch tiefere geothermische Anlagen sind vor allem in Bayern und hier speziell in der näheren Umgebung von München in Betrieb. Hier befinden sich alleine 18 Anlagen mit einer Gesamtheizleistung von über 300 Megawatt (Stand 2024). 9 weitere Anlagen befinden sich bereits in Planung. Die höchsten Heizleistungen erzielen dabei die Standorte in Oberhaching-Laufzorn/Grünwald und Taufkirchen/Oberhaching mit jeweils 40 Megawatt. Die geothermische Anlage mit der höchsten Bohrtiefe in Deutschland befindet sich mit über 5.000 Metern in Holzkirchen. Das Heizkraftwerk liefert jeweils 24 Megawatt Wärme und 3,6 Megawatt Strom [U4]. Die bislang weltweit tiefste Tiefengeothermie-Anlage wird in Finnland betrieben und erreicht eine Endtiefe von 6.400 m.

Im Bereich des Oberrheingrabens im Süd-Westen von Deutschland sind trotz der vorteilhaften geothermischen Gradienten zurzeit nur 4 geothermische Anlagen mit einer Bohrtiefe von über 1.000 Metern im Betrieb. Die tiefste Bohrung befindet sich in Insheim und liefert eine elektrische Leistung von 4,8 Megawatt. Auch im Oberrheingraben sind bereits über 20 weitere Anlagen in Planung.

Im Norden von Deutschland befindet sich am Standort Neustadt-Glewe in Mecklenburg-Vorpommern die zurzeit leistungsstärkste geothermische Anlage mit einer Gesamtheizleistung von 4 Megawatt. Die neue Anlage in Hamburg-Wilhelmsburg wird nach der Fertigstellung mit 6 Megawatt eine höhere Leistung aufweisen, sofern sich die berechneten Werte aus den Fördertests bewahrheiten.

Insgesamt sind laut Angabe des Bundesverbandes Geothermie in Deutschland 43 Tiefengeothermie-Anlagen mit einer Wärmeleistung von 407 Megawatt und einer installierten elektrischen Leistung von 46 Megawatt in Betrieb. Diese untergliedern sich in 32 Heizwerke, 2 Kraftwerke und 9 Heizkraftwerke mit Wärme- und Stromversorgung. Weitere 12 Anlagen befinden sich zurzeit im Bau [U4].

Die Fa. Dr. Baermann & Partner (B&P) führt im Rahmen von Machbarkeitsstudien für eine geothermische Nutzung entsprechende Recherchen zur Erfassung der geologischen Untergrundsituation durch. Hierzu werden geologische 3D-Untergrundmodelle für den Standort und das Umfeld erstellt, um die Schichtfolgen und deren Mächtigkeiten sowie die daraus resultierenden, möglichen Wärmeleitfähigkeiten sowie Wärmekapazitäten bestimmen zu können. Ferner werden die hydrogeologischen Daten aus bestehenden Grundwasser-Messstellen sowie aus Probebohrungen mit temporären Messstellen erfasst, um u. a. Lage der Grundwasser-Stockwerke, bestehende Fließrichtungen, Grundwasser-Eigenschaften etc. zu ermitteln [U5]. Daraus lassen sich erste Entzugsleistungen berechnen und abschätzen, die durch anschließende „Response-Tests“ in Probebohrungen zu überprüfen bzw. zu verifizieren sind.

Für die Ermittlung der Grundwasser-Eigenschaften stehen bei B&P verschiedene Probenahme- und Entnahmesysteme zur Verfügung, um z. B. gezielt Wasserproben aus verschiedenen Horizonten zu entnehmen. Für die Temperatur-Überwachung von Sondenfeldern im Rahmen der wasserrechtlichen Erlaubnis sind spezielle Temperatur-Messsonden und Leitfähigkeits-Sonden vorhanden, mit denen Temperatur-Tiefenprofil-Aufnahmen in Grundwasser-Messstellen oder Erdwärmesonden-Messstellen bis in 200 m Tiefe durchgeführt werden. Die Daten werden über ein jährliches „Monitoring“ durch Frühjahrs- und Herbstbeprobungen erfasst und mit den Prognose-Rechnungen abgeglichen sowie anschließend den Genehmigungsbehörden als Nachweis zur Einhaltung der Temperatur-Vorgaben überstellt [U6]. Für die Reinigung und Freispülung von Messstellen oder den Ersatz und Austausch von Wärmefluiden kommen verschiedene Abpump-Anlagen und Förderpumpen (MP1 etc.) zum Einsatz.
 

[U1]

BAERMANN, A. (2002) "Geothermie - Energie aus der Tiefe, Stand der Technik und neue Untersuchungsmethoden zur Prüfung nutzungsrelevanter Gesteinseigenschaften", VDI/VDE-Magazin, Mensch & Technik, Nr. IV/2002.

Link

[U2]

BAERMANN, A., KRÖGER, J., TAUGS, R., WÜSTENHAGEN, K. und ZARTH, M. (2000)
Anhydritzemente im Rhätsandstein Hamburgs - Morphologie und Strukturen, Zeitschrift für angewandte Geologie, Heft 46/3, Sep 2000, ISSN 0044-2259.

Link

[U3]

BAERMANN, A., KRÖGER, J., und ZARTH, M. (2000)
Anhydritzemente im Rhätsandstein Hamburgs - Röntgen- und kernspintomographische Untersuchungen und Lösungsversuche, Zeitschrift für angewandte Geologie, Heft 46/3, Sep 2000, ISSN 0044-2259.

Link

[U4]

Bundesverband Geothermie
Tiefe Geothermie in Deutschland 2023/24.

Link

[U5]

Dr. Baermann & Partner (2018)
BV: Büroneubau der eppendorf SE - Geothermisches Tiefsondenfeld für Heizung und Kühlung - Abschätzung zu maximal möglichen Entzugs- und Injektionsleistungen - vorläufige Kostenschätzung für den Bau einer 260 kW-Anlage, Sep 2018.
[U6]

Dr. Baermann & Partner (2012 - 2024)
BV: Büroneubau der eppendorf SE - Überwachung der Geothermie-Anlage - Aktualisierung der Temperatur-Tiefenprofile - Abgleich mit den Prognosedaten aus der thermohydrodynamischen Simulation, Okt 2012 bis Mai 2024.
[U7]

BAERMANN, A. (2023)
"Planung, Bau und Überwachung einer geothermischen Anlage", Vortrag bei der AK-Veranstaltung: AK Technische Gebäudeausrüstung / AK Umwelttechnik gemeinsam mit dem DKV e. V., Oberflächennahe Geothermie zur Gebäudebeheizung und -kühlung, 11. April 2023, Hamburg

Link

[U8]

MOOSMANN, L. (2023)
"Geothermisches Nutzungspotential in Hamburg", Vortrag bei der AK-Veranstaltung: AK Technische Gebäudeausrüstung / AK Umwelttechnik gemeinsam mit dem DKV e. V., Oberflächennahe Geothermie zur Gebäudebeheizung und -kühlung, 11. April 2023, Hamburg

Link

[U9]

HAMBURG ENERGIE
Geothermie in Hamburg-Wilhelmsburg

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Galerie Geothermie BV eppendorf SE: Vorerkundung

 
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Galerie Geothermie BV eppendorf SE: Bau des Sondenfeldes

 
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Galerie Geothermie BV eppendorf SE: Überwachung und Monitoring

 
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